Sarah Petutschnig
Diese silberne Halskette aus achtförmigen Gliedern wurde mit ihrem Lunula-Anhänger und den anderen Fundgegenständen von der Gemeinde Salurn dem Ferdinandeum gegen eine bestimmte Summe Geldes überlassen. Da es aus einer Brandbestattung stammt, wurden die Enden des Anhängers durch angeschmolzene Eisenreste zum Teil beschädigt, die Schließhaken der Halskette sind jedoch noch vorhanden. Lunula bedeutet „Möndchen“ oder kleiner Mond und lässt sich auf Wurzeln im alten Rom zurückführen. Man nimmt an, dass Männer solche Lunula-Anhänger den Frauen schenkten, die Schutz der Göttin bringen und für Glück, Gesundheit, Geld und Liebe sorgen sollten. Lunula-Anhänger fand man allerdings nicht nur aus römischer Zeit. Ihre Wirkung als Amulett beziehungsweise als Schmuckstück war auch in anderen Gebieten und Epochen verbreitet. So wurden während des römischen Altertums auch in vorderasiatischen Ländern immer wieder Lunulae verwendet, vorzugsweise von Frauen und Kindern getragen. Auch das Christentum hat dieses Symbol aufgegriffen und übernommen.
Um 1840 wurde mit der Bezeichnung „deutsches Altertum“ ein neuer Gegenstand in die Geschichtswissenschaft eingeführt. Sowohl im Vereinswesen als auch in den Museen, Universitäten und Akademien betonte man, dass die Altertümer nicht primär als griechisch-römisch oder jüdisch-christlich kontextualisiert werden sollten, sondern die germanischen Objekte in ein neues Verhältnis zur klassischen Antike gesetzt werden müssten. Wenngleich man zuerst an der römischen Präsenz in Tirol interessiert war, rückte schließlich immer mehr das deutsche Kulturbewusstsein in den Vordergrund. Zugleich gelangten aus der ersten Grabungsperiode in Salurn verschiedene Funde auch an trentinische Museen. Der Castello del Buonconsiglio in Trient weist beispielsweise nach dem Ferdinandeum den zahlenmäßig größten Bestand an Objekten auf. Diese gleichen dem im Ferdinandeum Innsbruck liegenden Inventar. Immer wieder wurden die Abstammung und die Ethnizität der unterschiedlichen Teile Tirols in Zeitungen, Denkschriften oder Broschüren behandelt. Die italienischsprachige Bevölkerung sah „ihre“ römischen Altertümer lieber in Trentiner Museen als in Museen in Deutschtirol.
Die „nationale“ Zuschreibung dieser Funde ist demnach komplex und vielschichtig. Die Ergebnisse zeigen, dass die Objekte für die Vorgeschichte beider Regionen, Trentino und Deutschtirol, wertvoll waren. Ob die Funde zu Ehren des Grabungsleiters Franz von Wieser dem Museum in Innsbruck übergeben wurden oder das „vaterländische“ Ferdinandeum selbst die römischen Altertümer besitzen wollte, ist ungewiss, jedoch spielt das nation building in dieser Streitfrage vermutlich eine erhebliche Rolle.